Die Straßen Stiklių, Didžioji und Aušros vartų gehörten schon zum mittelalterlichen jüdischen Stadtviertel, das sich von der Didžioji -Straße im Westen bis zu den Straßen Dominikonų und Vokiečių erstreckte. Im Zweiten Weltkrieg war hier kurze Zeit das sogenannte Kleine Ghetto (Stiklių, Gaono, Antokolskio, Žydų g.), in dem etwa 11.000 – 12.000 Menschen lebten, größtenteils Intellektuelle, Hilfsarbeiter und Arbeitslose. Das Kleine Ghetto bestand bis zum Jahre 1941.
Das Große Ghetto bestand vom 6. September 1941 bis zum 23. September 1943 (in den Straßen Lydos, Rūdninkų, Mėsinių, Ašmenos, Žemaitijos, Dysnos, Šiaulių, Ligoninės). Es zählte etwa 29.000 Juden, die meisten von ihnen wurden in Paneriai ermordet. Das Haupttor zum Großen Ghetto befand sich an der Rūdninkų-Straße 18. Hier befindet sich eine Gedenktafel mit einem Plan des Ghettos.
Nachdem Litauen seine Unabhängigkeit wiederhergestellt hatte, wurde der Tag der Liquidierung des Großen Ghettos von Vilnius (der 23. September) zum Gedenktag des Genozids an den Juden in Litauen erklärt.
Das Stadtviertel zwischen den Straßen Ašmenos, Dysnos und Mėsinių ist der erste Stadtteil, in dem das alte historische Vilnius wiederhergestellt wird. Hier befindet sich das Jüdische Kultur- und Informationszentrum. Die Žemaitijos-Straße trug von 1921 bis 1951 den Namen von Matitjachu Straschun. Die von ihm zusammengetragenen Bücher wurden zum Kern der größten Judaika-Bibliothek Europas (1892). Die Bibliothek vernichtete man zusammen mit der Großen Synagoge.
In der Žydų-Straße stand die Große Synagoge (nicht erhalten), in der ca. 3.000 – 5.000 Betende Platz finden konnten. Hier verwahrte man 18 Torarollen. Nicht weit entfernt befanden sich das Bethaus des Gaon, die berühmte Straschun-Bibliothek und andere Bauten des Synagogen-Hofes mit religiöser Bestimmung. Die Sowjetmacht zerstörte alles vollständig.
Wann genau die Große Synagoge gebaut wurde, ist unbekannt. Die Historiker sind der Meinung, dass sie nach 1633 gebaut wurde, als Władysław IV Waza den Juden das Privileg verliehen hatte, ein Viertel in der Stadt Vilnius zu errichten. Der Architekt der Synagoge ist auch unbekannt.
Bei archäologischen Untersuchungen der Anlage der Großen Synagoge von Vilnius wurden einzigartige Funde gemacht, die beweisen, wie majestätisch das Gebäude gewesen ist und welche historische sowie architektonische Bedeutung es gehabt hat. Die Große Synagoge von Vilnius war 25 m lang, 22,3 m breit und 12,1 m hoch und reichte 2 m tief unter die Erde. Man erzählt, dass dieses Bethaus der Juden prächtiger war als alle anderen Synagogen der Republik beider Nationen.
Heute ist ein Kindergarten an der Stelle der Großen Synagoge, in der Nähe steht das Denkmal für Gaon, genau dort, wo sein Haus gewesen ist. Schmale und krumme Gassen mit Arkadenbbögen haben ihr damaliges Aussehen erhalten, es gibt noch einiges von der altertümlichen Architektur, manches ist restauriert worden, vor allem die Häuser in den Straßen Stiklių und Gaono.